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Der Rekordsommer 2015: ein Nachruf

gültig für Wien-Hohe Warte (198m),

Stand: 14. August 2015

  • Im gesamten Jahr 2015 traten bisher 32 heiße Tage auf, d.h. Höchstwerte über 30,0 Grad.
  • darunter 17 Tage zwischen 30,0 und 34,9 Grad und 15 Tage über 34,9 Grad.
  • Spitzenreiter sind die 36,0 bis 36,9 Grad, davon gibt es nämlich bisher schon 9.

Der Sommer 2015 kann in drei Phasen aufgeteilt werden:

Die 1. Hitzewelle dauerte vom 1.-7. Juli und brachte 7 heiße Tage in Serie.

Die 2. Hitzewelle dauerte vom 16.-22. Juli und brachte ebenfalls 7 heiße Tage in Serie, zählt man den 23.7. mit +29,9 Grad und den 24.7. mit 34,2 Grad mit, waren es sogar 9 heiße Tage in Serie.

Die 3. Hitzewelle dauert seit dem 4. August an, und brachte bisher 11 heiße Tage in Folge, darunter 9 Tage mit über 35 Grad in Folge.

Auswirkungen der Hitzewelle

Im Gegensatz zu früheren Sommern gab es sowohl während als auch zur Beendigung der ersten und zweiten Hitzewelle keine nennenswerten Niederschläge in Form kräftiger Gewitter. Das betrifft einen Großteil des Alpenostrands sowie der Flachlandregionen. Entsprechend resultiert gebietsweise ein enormes Niederschlagsdefizit, was selbst in typischerweise feuchten Gegenden wie dem südlichen Mostviertel (Lunz am See) zur Wasserknappheit geführt hat.

Ungewöhnlich ist auch die Windarmut in den Hitzephasen. Typischerweise sind Phasen großer Hitze von kürzerer Dauer und mit Südföhn verbunden. Das Ausbleiben des Südföhns speziell am Alpenostrand erklärt auch das Fehlen von Temperaturrekorden. Von der magischen 40-Grad-Grenze blieben wir heuer weit entfernt, das Extremum lag eher in der Dauer der Hitzeperiode.

Ohne Südföhnlagen gibt es in den Hitzeregionen des Ostens aber auch wenig bis gar keinen Wind, was die Hitze noch unerträglicher machte. Bei Südföhnlagen herrscht nämlich ein lebhafter Südostwind vor (wie heute am 14.8., zum Höhepunkt des Hitzesommers). Ebenso fehlten kühlere Luft bringende Druckwellen von Westen völlig. Dafür ist jedoch eine Kettenreaktion notwendig, die überwiegend nur mit Südföhn im Vorfeld realisiert werden:

1.Gewitterbildung im bayerischen Alpenvorland
2. Umwandlung in ein großes Gewittersystem über Niederbayern und Oberösterreich.3. Ausbildung einer Linie, die entweder ostwärts bis Niederösterreich oder nordostwärts ins Waldviertel und nach Böhmen zieht.

=> Bildung einer vorlaufenden Druckwelle mit regengekühlter Luft, die entweder Gewitter auslöst oder zumindest auffrischenden Westwind und Abkühlung bringt, jedenfalls sinkende relative Feuchte und angenehmere Luft.

Ohne Südföhn blieb es bei inneralpinen Gewittern, die vor allem heftigen Regen und Murenabgänge brachten, der oftmals schwache Höhenwind über den Alpen – nachdem sich das Hochdruckgebiet genau über uns breit machte – verhinderte, dass sich kräftige Alpengewitter ins Flachland verlagern konnten.

Sonstige Ursprungsgebiete von Gewittern im Hochsommer blieben aufgrund der Lage des Hochdruckzentrums frei von jeder Gewitterbildung, etwa das nördliche Kroatien, Slowenien bis ins Burgenland und Westungarn. Von hier können bei günstiger Süd- bis Südostströmung Gewitterherde mit großen Regenmengen auch ins östliche Flachland ziehen.

Fazit: Kaum Wind, nahezu keine nennenswerten Gewitter oder sonstige nennenswerte Niederschläge.

Die Folgen für die Natur sind nachhaltig negativ:

  • Ernteausfälle
  • Schädlingsbefall
  • Teils Umkippen von Gewässern durch Sauerstoffmangel
  • Vermehrte Waldbrände
  • Ausfall von Wasserquellen und Trinkwasserbrunnen

Es geht aber noch weiter:

Den heurigen Gletscherbilanzen droht ein Rekordverlust nach dem Jahrhundertsommer 2003. Stellvertretend für den Zustand der restlichen Gletscher, vom Schutthaufen der Pasterze ganz zu schweigen, die Situation am Kleinfleißkees am Hohen Sonnblick, mit Webcam-Bildern vom 09. August 2014, 9. August 2015 und 14. August 2015.

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Quelle: http://www.foto-webcam.eu/webcam/kleinfleisskees

Ohne schützende Schneedecke geht es dem ewigen Eis direkt an den Kragen. Die dunkle Farbe verringert die Albedo und verstärkt den Abschmelzvorgang, bei deutlichen Plusgraden in über 3000 m muss sogar von Tauvorgang sprechen.

Eine kritische Phase ist zum Ende der jetzigen, dritten Hitzewelle noch zu überstehen: 

Die Temperatur geht in den Niederungen stärker zurück als in den Gletscherregionen, dafür steigt dort die relative Feuchte stark an. In Verbindung mit kräftigem Regen wird das Tauwetter nochmals beschleunigt, ehe in weiterer Folge auch in Lagen oberhalb von 3000 m der Regen wieder in Schnee übergeht. Die Gletscherschmelze setzt sich klimatologisch gesehen aber noch bis etwa in den frühen Herbst fort, bis zumindest nordseitig die Temperaturen auch tagsüber kaum noch über Null Grad steigen, und der Neuschnee von Kaltlufteinbrüchen nicht mehr weggeht.