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Nullaussagen zum Klimawandel

Wie es um das Verständnis von Wetter und Klima im deutschsprachigen Raum bestellt ist, sieht man unlängst wieder an diesem APA-Artikel, der etwa hier im Wirtschaftsblatt erschienen ist.

Schon der Teaser fasst die Nullaussagekraft des gesamten Artikels sehr schön zusammen:

Der Klimawandel macht auch vor Österreich nicht Halt. Künftig muss alle drei Jahre mit extremen Wetterereignissen gerechnet werden.

  1. Warum sollte der Klimawandel gerade Österreich ausschließen?
  2. Wie sind „extreme Wettereignisse“ definiert?

Das ist gleichzeitig die Krux des Artikels, denn hier geht es ausschließlich um versicherte Schäden.  Naturgemäß leben heute mehr Menschen in Österreich als vor 100 Jahren, es sind wesentlich mehr Flächen besiedelt, gleichzeitig ist sowohl die Zahl der versicherten Objekte als auch deren Wert deutlich gestiegen. Ein Wetterereignis wird heute also wesentlich höhere Schäden verursachen als vor 100 Jahren, beispielsweise großer Hagel an Wintergärten oder Gewächshäusern mit Glasüberdachung. Dafür muss nicht notwendigerweise die Zahl der Großhagelereignisse zunehmen.

Großflächige Sturmsysteme treten zwar seltener, dann aber extrem intensiv auf, zu sehen war das etwa beim Sturmtief Emma 2008.

Wo ist da ein Beleg für eine Zunahme? Dass ein Orkantief für Orkanböen sorgt, ist keine Folge des Klimawandels.

Von Schneedruck besonders betroffen sind die Nordalpen, der Böhmerwald im nördlichen Teil Oberösterreichs und Oberkärnten. Auch hier spielt die globale Erwärmung eine Rolle: in höher gelegenen Gebieten bleibt der Schnee liegen. Kommt dann eine Warmfront, entstehen die großen, schweren Schneelasten. Die Hochrisikozonen werden sich von Lagen in 600 bis 800 Meter Höhe auf Lagen über 800 Meter verschieben.

Das ist eben die große Unbekannte, denn in Oberkärnten sind extreme Schneefälle wie diesen Winter keine Seltenheit, sie kommen alle 50-75 Jahre vor. Meterhohe Schneemassen durchaus häufiger in etwas geringerer Intensität. Für die Nordalpen ist jedoch in den vergangenen Jahren der umgekehrte Trend festzustellen. Nordwestlagen werden deutlich seltener, insgesamt treten häufiger sogenannte Low-Index-Wetterlagen (d.h. keine straffe Westwetterlage, sondern blockierende Hochdrucklagen oder schwache Tiefdrucklagen) auf, im vergangenen Winter gab es beispielsweise keine einzige Nordwestlage! Entsprechend können sich dann auch keine großen Schneelasten aufbauen, wenn der Niederschlag ausbleibt und der Föhn den Schnee wegfrisst.  Ein Prototyp für erhöhtes Schneelastrisiko war der Nordwestlagenwinter 2005/2006, als im Spätwinter im Bayerwald Dächer unter den Schneemassen einstürzten. Seitdem ist dieses Szenario nicht mehr eingetreten.

Ein allgegenwärtiges Risiko stellt Hochwasser dar. Jahresniederschläge werden steigen, damit auch die Häufigkeit extremer Hochwässer. So kam es nach dem „Jahrhunderthochwasser“ 2002 bereits 2013 erneut zu drastischen Überschwemmungen, wenngleich Schutzverbauungen entlang der Donau sowie der mobile Hochwasserschutz eine spürbare Wirkung gezeigt hätten. Zunehmend entstehen auch Schäden fernab jeden Gewässers, etwa bei Murenabgängen.

Jahrhunderthochwasser heißt nicht, dass Hochwässer nur alle 100 Jahre auftreten. Wenn man sich die vergangenen Jahrzehnte bzw. das Jahrhundert anschaut, kommt es im Schnitt alle 3-5 Jahre zu Hochwasser mit weiträumigen Überflutungen an größeren Flüssen (Donau: 2002, 2005, 2010, 2011, 2014). Völlig vernachlässigt wird hier auch die Rolle des Menschen, der durch Flächenversiegelung, Begradigungen und Schutzmaßnahmen Hochwasser begünstigt bzw. flussabwärts von Schutzverbauungen verschärft.

Schäden, die bei Murenabgängen entstehen, kann man kaum dem Klimawandel anlasten. Sie sind vor allem eine Folge des Terrains, denn stark geneigtes Gelände, verbunden mit Kanalisierung und Versiegelung, begünstigt starke, oberflächennahe Abflüsse.

Was der im Artikel eingeschobene Absatz über Erdbeben mit dem Klimawandel zu tun haben soll, erschließt sich mir erst recht nicht.

In Summe ein wenig aussagekräftiger Artikel, der allgemein bekannte Gefahren auflistet. Natürlich bedeutet eine steigende Globaltemperatur auch eine Zunahme absoluter Feuchte, womit tendenziell die Intensität von Starkniederschlagsereignissen heftiger wird. Die große Unbekannte in der Gleichung ist jedoch die Häufigkeit dieser Ereignisse, und diesbezüglich lässt sich gerade bei kleinräumigen und kurzlebigen Wettereignissen (Gewitter) kein Trend ausmachen.